neue Morse-Zeichen von Edel: 4. Staffel Der Junge
Inspektor Morse (OT: Endeavour) (VÖ: 15.06.2018; 2
DVDs inkl. über 40 Minuten Bonusmaterial; Edel:Motion)
Nach Ausstrahlung von Staffel 4 der erfolgreichen englischen
Krimiserie Endeavour (hierzulande: Der Junge Inspektor Morse) im
Jahr 2017 gerieten zahlreiche Morse-Fans und -Kritiker in
Großbritannien geradezu ins Schwärmen und bezeichneten diese
Staffel als die bisher stärkste der Prequel-Reihe zum TV-Klassiker Inspector Morse –
manche wagten sogar blasphemisch die Behauptung, sie sei noch besser als das
Original... Morse-Drehbuchautor Russell Lewis hat zum Jubiläum etliche liebevolle
Reminiszenzen an den kultigen Inspector Morse versteckt (zum Staffelstart war es
nämlich 30 Jahre her, seitdem die erste Folge von Inspector Morse in einer Adaption
von Colin Dexters Roman The Dead Of Jericho am 06. Januar 1987 ausgestrahlt
wurde). Abigail Thaw, Tochter des Original-Morse-Darstellers John Thaw, ist wieder
als sympathische Zeitungsredakteurin Dorothea Frazil dabei, und auch Thaws Witwe
Sheila Hancock ist in der 4. Staffel als Wahrsagerin Dowsable Chattox zu sehen
(entliehen wurde der Rollenname übrigens einer bedauernswerten Frau, die Anfang
des 17. Jahrhunderts als Hexe angeklagt wurde). Den renommierten Professor
George Amory spielt in der ersten Folge der Neuseeländer James Laurenson, der auch
in der ersten Episode vor drei Jahrzehnten mitwirkte…
Anspielungen und Reminiszenzen sind ohnehin Russell Lewis‘ Leidenschaft: So wird
eine Schacheröffnung von der vielseitig begabten WPC Shirley Trewlove als
„Kronsteens Variation“ des „Königsgambits“ bezeichnet – eine Referenz an den
„Spectre“-Schurken Tov Kronsteen aus dem James Bond-Film From Russia With Love
(in Wirklichkeit kreierte diese legendäre Variation ja bekanntermaßen
Schachweltmeister Boris Spasski); die weiße Maus, die in der Folge Totenmasken eine
kleine Nebenrolle spielt, verweist auf Douglas Adams‘ Per Anhalter Durch Die Galaxis,
in dem ein Riesencomputer von hyperintelligenten weißen Mäusen gebaut wurde. Der
aufmerksame Zuschauer findet des Weiteren Hinweise und Zitate von den Beatles
und Donald Fagens Nightfly; darüber hinaus sind Anspielungen an Die Schwarze
Narzisse, Das China-Syndrom oder The Wicker Man natürlich für versierte Musik- und
Kinofreaks das reinste Vergnügen.
Einmal mehr überzeugt in Staffel 4 der 38-jährige Shaun Evans als idealistischer
Detective Constable Morse, der erneut die kompliziertesten Mordfälle lösen muss.
Doch sogar ein „Mastermind“ wie er bedarf in der Folge Totenmasken eines
Supercomputers, um einen schachfanatischen Killer zur Strecke zu bringen; in
Irrungen gerät der junge Morse widerstrebend in einen konfliktgeladenen Zwist
zwischen einer bekannten Popgruppe und einer unerbittlichen christlichen
Fundamentalistin. Ein scheinbar verfluchtes Krankenhausbett, in dem
unverhältnismäßig viele Patienten vor ihrer Zeit versterben, ein perfider
Terroranschlag auf ein nahe gelegenes Kernkraftwerk sowie beruflicher und privater
Unbill machen Morse das Leben schwer und letztendlich eben zu dem Morse, den die
Fans aus der Originalserie kennen, einen genialen Ermittler, aber eher misanthropen,
einsamen Menschen…
Staffel 4 von Der Junge Inspektor Morse ist wie gewohnt brillant geschrieben,
fabelhaft gespielt, mit dem wunderschönen Oxford als pittoresker
Hintergrundkulisse. Wer aber bedauernswerterweise nicht mehr persönlich – wie in
vielen anderen Morse-, Lewis- und auch Endeavour-Folgen – auftauchen konnte, war
Colin Dexter. Sein schlechter Gesundheitszustand ließ es bei den Dreharbeiten zu
dieser Staffel leider nicht mehr zu (er verstarb im März 2017), dennoch ist Dexter in
jeder Folge zu sehen: mal in einem Zeitungsausschnitt, als Büste oder in einem Bild
an der Wand – eine tiefe Verneigung von Russell Lewis an den unvergessenen Morse-
Erfinder!
P.S. In der Episode Bett 10 legt übrigens ein guter alter Bekannter aus Midsomer hie
und da Hand an, der sichtliches Vergnügen an seiner Darstellung eines
promiskuitiven Aufschneiders hatte…
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