Tim Fischer Walzerdelirium (Doppel-CD;
VÖ: 02.07.2001; TIS/WSM)
Wer beim Namen Fischer nur an Joschka, Fritze
oder gar Gotthilf denkt, kennt den wahren König
der Fischer nicht:
Tim Fischer präsentiert sein neuestes Live-Album
Walzerdelirium (aus dem Berliner BKA-Luftschloss), das durch bislang
wenig strapazierte Interpretationen so unterschiedlicher Komponisten wie
Rio Reiser, Tom Waits, Jacques Brel, Freddie Mercury und anderen im
schon fast ausgestorben geglaubten Dreivierteltakt besticht.
Er ist ein Künstler, der die Herren ob seiner erotisch-androgynen Aus-
strahlung staunen und die Damen zudem neidisch auf seine Garderobe
macht.
Wenn man Tim Fischer einmal live erlebt, kann man sich der Faszination
seiner Bühnenpräsenz nicht entziehen: Mal gibt er die boshafte Giftspritze,
ein anderes Mal die manierierte Diva oder den verletzlichen Liebhaber –
jede Figur absolut authentisch!
Ob als Salon-HipHopper mit einer fulminanten Version von Thomas Pigors
Was Willste Denn In Wien, als lebensmüder Jüngling, der Ludwig Hirschs
Meisterwerk Komm’ Goßer Schwarzer Vogel exzellent interpretiert, und
nicht zuletzt in seiner badebemantelten Udo-Jürgens-Parodie, brilliert Tim
Fischer in derart mannigfaltigen Rollen, dass er das geneigte Publikum in
einen wahren Rausch der Sinne versetzt, es zu euphorischen Beifalls-
bekundungen hinreißt oder sogar verstohlen zum Taschentuch greifen
lässt.
Unterstützt von einer fünfköpfigen Kapelle wird der Dreivierteltakt in
einer überaus ungewöhnlichen Form zelebriert: öliger Country, gegrölte
Sportlerhymne, zartes Kinderlied, frankomanisches „Chanson de bouton“
– und wird doch stets als Huldigung an die traditionellen Wurzeln des
Walzers verstanden.
Alles in allem also ein Album, das seinem Titel in mehrfacher Hinsicht
gerecht wird und so gar nicht recht zur Walzerglückseligkeit Wiener
Debütantinnenbälle passt...